Malerei und Zeichnungen
aus dem Wendland
Realismus, aber nicht radikal
(Kritiken aus der Berliner Zeit)
… Das ist überhaupt das Verblüffende an Gernhardt, dass er Umwelt konstatiert und doch zugleich alle Möglichkeiten, diese Umwelt zu betrachten, offenhält. Nichts ist verschwommen, und doch gibt es so etwas wie Atmosphäre; das Foto scheint – wie sonst nur noch bei Gerhardt Richter – im Handstreich erobert und im Einbezug in die Malerei total überwunden. Den Licht- und Luftmalern wie Turner und Monet ist er ebenso dicht auf den Fersen wie den neuen Realisten.
Dem Berliner Realismus hat er eine völlig neue, malerische Nuance beigefügt; er dürfte im Augenblick zu den stärksten Talenten unserer Stadt Berlin gehören.
… Gernhardt ist ja überhaupt nicht in einer Weise im Berliner Kunstleben aufgetaucht, wie man sie gern als „kometenhaft“ bezeichnet…
… Stets handelt es sich um Ausschnitte aus der Wirklichkeit, die auf den ersten Blick nicht sonderlich wesentlich scheinen. Der Faltenwurf eines Bettlakens, das Spiegelbild von Bäumen in einem Wasserbecken, die gurgelnde Fontäne in einer Grünanlage … , veränderbare Strukturen, die mit Licht zu tun haben, mit Spiegelung, mit Fließen und Verfließen, werden festgehalten.
… Vor dem Realismus, der sich hier alles andere als radikal gebärdet, liegt ein Filter, aus Farbe, aus Malerei, man könnte auch sagen: aus Poesie, obwohl alles ganz nüchtern bleibt, ganz gewöhnlich, ganz sachlich.
Heinz Ohff , Kunstkritiker, 1972